Tourismus – großes Potential für den Natur und Artenschutz – wenn man es ernst meint!
Die Konferenz am 28.02.23 in Lissabon zum Tourismus in Portugal war komplett ausgebucht.
Über 600 Zuschauer hatten die Möglichkeit den ganzen Tag über unterschiedliche Aspekte hierzu zu hören und zu sehen. Da auch die Minister und Staatssekretäre für Toursimus und Wirtschaft aus Portugal in Lissabon anwesend waren, gab es ein großes Medieninteresse!
Zusammen mit Oliver Zahn von Olimar wurde ich von Abilio Guerreiro (Direktor von VisitPortugal für den deutschen Markt) dazu befragt, was für mich als Naturreiseveranstalterin Naturtourismus und Nachhaltigkeit bedeutet.
- Hier finden Sie das Interview: (Es beginnt gleich an der richtigen Stelle) Gesamtlänge etwa 18 Min – Wir wechseln uns dabei mit den Antworten ab, daher bitte bei Interesse die ganzen 18 Min ansehen.
Diese beiden sehr wichtigen Aspekte sind meiner Meinung nach generell im Tourismus nach wie vor (noch) unterrepräsentiert und auch (noch) unterschätzt. Denn ich beobachte mit großer Sorge, dass im Tourismus der Sektor Aktiv/Outdoortourismus völlig unreflektiert mit Naturtourismus in einem Atemzug genannt wird. Und schlimmer noch, es ohne Reue immer mehr Aktiv/Outdoortourismusanbieter gibt, die selbst vor sensiblen Nationalparks keinen Halt machen mit ihren Aktivitäten wie Canoying, Abseiling, E-Biking, Zip-Lining, Climbing, Speed-Hiking, usw usw…
Es stellt sich jedoch generell für mich die Frage, ob dieser Outdoor-, und Aktivtourismus überhaupt etwas in einem Nationalpark oder einer unberührten Naturregion zu suchen hat.
Der Mensch hat die Natur schon so weit zurück gedrängt, dass wenigstens Nationalparks, oder Naturreservate lediglich für den Slow,- oder den echten Öko-Tourismus zugänglich gemacht werden sollten. Denn sie sind oftmals die letzten Refugien für viele Wildtiere und seltene Pflanzen. Die Biodiversität hat hier ihre letzten, damit auch für uns, überlebenswichtigen Lebensräume!
Was heute in der Tourismusbranche vielfach als Naturtourismus angeboten wird, ist nichts weiter als ein Aktivtourismus bei dem die Natur lediglich den Rahmen zur Verfügung stellt, um diese Aktivitäten ausüben zu können. Oder um es krasser zu sagen, die Natur wird dafür “benutzt”! So wird es denn auch beworben mit Begriffen wie “Energie Tanken”, “Abschalten können”, etc… Die Coronapandemie hat dies noch befeuert!
Doch was haben die Wildtiere, die Natur davon?
Denn wenn wir uns im natürlichen Lebensraum von Wildtieren, Pilzen, Pflanzen und Bäumen aufhalten, sind wir die Gäste.
Respekt sollte oberste Priorität haben und es sollte für uns selbstverständlich sein, Wege nicht zu verlassen, keinen Müll zu hinterlassen, unnötigen Lärm zu vermeiden und bei der Begegnung mit Wildtieren so weit wie möglich Abstand zu halten, um sie nicht aufzuscheuchen oder dazu zwingen, unnötig Energie zu verschwenden, um vor uns zu entkommen.
Strenge Vorschriften zum Schutz der Natur helfen dabei, dass jedem klar ist, wo wir nichts zu suchen haben und wie wir uns zu verhalten haben – aber nur, wenn sie kontrolliert und eingehalten werden.
Echter Ökotourismus respektiert dies und bietet große Vorteile für alle.
Denn wenn nur lokale Naturführer Menschen in kleinen Gruppen führen, können sie rechtzeitig eingreifen und deutlich machen, warum es so wichtig ist, sich respektvoll zu verhalten und es schafft auch wertvolle Arbeitsplätze für die dort lebenden Menschen. Weil sie das größte Interesse daran haben, die Natur zu schützen und zu erhalten. So profitieren am Ende alle.
Das bedeutet auch, dass der Tourismus sich dessen bewusst wird und nicht auf jeden Zug aufspringt, sondern sorgfältig hinterfragt, ob die Art des Angebots wirklich naturfreundlich ist und einen echten Mehrwert für die Region bringt.
Wir können es uns einfach nicht länger leisten, so zu tun, als gäbe es das dramatische Artensterben und die großflächigen Lebensraumverluste nicht.
Daher war ich sehr dankbar über die Fragen, die Abilio uns hierzu gestellt hat. Alleine schon aus meiner Fimenhistorie heraus und mit meiner ganz klaren Positionierung hierzu, konnte ich Aspekte ansprechen, die ganz offensichtlich vielen nicht bewußt waren, jedoch als sehr wichtig erachtet werden – wenn man darauf gestoßen wird. Das zeigten die vielen Feedbacks, die ich hierzu erhielt und mich hoffen lassen…
Auch wenn ich derzeit noch oft feststelle, dass ich damit im Tourismus eine Außenseiterposition habe, wird immer deutlicher, wie wichtig es ist darüber zu sprechen und noch wichtiger zu handeln. Denn ehrlich gesagt, etwas anderes können wir uns gar nicht mehr leisten. Und ich bin mir sicher, dass wenn die Tourismusbranche endlich die Kurve zu echtem Respekt und Nachhaltigkeitsdenken kriegt, dann hat sie ein großartiges Potenzial darüber die Menschen auf eine einzigartige Weise für den Naturschutz, die Nachhaltigkeit und den Respekt vor der Region zu sensibilieren!
Hier jetzt jeden einzelnen Faktor aufzuzählen, würde den Rahmen sprengen. Fakt ist, Nachhaltigkeit oder Öko-, bzw. Naturtourismus damit gleich zu setzen, nicht zu fliegen oder eine E-Bike-Reise als nachhaltig zu sehen, greift nach meiner Ansicht nach viel zu kurz und am Thema vorbei. Es ist soviel komplexer und vielschichtiger. Einen meiner Hauptaugenmerke habe ich bereits in einem vorherigen Blogbeitrag ausführlich behandelt. Es lohnt sich, hier ein mal reinzuschauen. Link zum Blogbeitrag
Denn ganz offensichtlich habe ich mit meinem Statement damit voll ins Schwarze getroffen. Aufgrund der sehr positiven, zustimmenden Feedbacks, die ich im Laufe des Konferenztages, aber auch noch im gesamten Verlauf der Messe bekommen habe, wurde deutlich, dass es vielen einfach nur nicht bewußt war, aber absolut zum Nachdenken/Nachmachen angeregt hat und es von einigen auch als sehr notwendig,
Dieses Thema ist noch lange nicht ausdiskutiert. Wir müssen nur endlich ins Handeln kommen! Und dabei gibt es noch so viele weitere Punkte im Tourismus, die angegangen werden sollten, wie Lichtverschmutzung, Verschwendung von Lebensmitteln und Rohstoffen etc…
Daher Danke nochmal an VisitPortugal für die Möglichkeit hierzu wichtige Denkanstöße geben zu können.