Begegnung mit einem Frosch im australischen Regenwald
© Text und Bilder – Sabine Bengtsson – Dez 2023/Okt 2018
Unser Umgang mit Wildtieren
Dieser Blogbeitrag stammt bereits vom Oktober 2018. Da er immer noch brandaktuell ist und es sich sogar durch die dramatische Entwicklung hinsichtlich der erleichterten Wolfsabschüsse und der Aufweichung der Berner Konvention durch Fr. van der Leyen noch verschlimmert hat und es sehr an Brisanz zugenommen hat! Deshalb habe ich mich für ein Update entschieden um einiges zu ergänzen! (Ergänzung ganz unten im Text in kursiver Schrift sowie sehenswerte Doku-Empfehlungen)
Der Wolf, der Luchs, der Biber, das Wespennest, der Kormoran, der Fischotter,… ja sogar bestimmte Landschaftformen, die uns im Wege stehen, sollen entfernt werden. Wir Menschen betrachten die Natur sehr oft nur von einem wirtschaftlichen Fokus aus. Konsequenz dieser Denkweise ist die größte ökologische Krise, die die Menschheit bisher hatte…
Jeder glaubt einen guten Grund für sein Handeln zu haben: Der Kleingärtner hasst die Schnecke, der Angler den Kormoran, der Jäger den Wolf, der Gartenbesitzer die Wespe oder das Reh das die Rosen frisst, usw, usw…
Doch haben wir ein Recht dazu alles was uns stört zu töten, zu vertreiben oder sogar auszurotten? Und wo fängt es an, wo hört es auf?!
Nein, wir haben kein Recht dazu! Wir sollten in der heutigen Zeit, mit dem heutigen Wissen, endlich begriffen haben, dass unser aller Überleben nur in einer Koexistenz möglich ist!
Jedes Lebewesen – wirklich jedes!!! auch Zecken und Mücken ;-) haben eine einzigartige Funktion und sind im Zahnrad der Artenvielfalt unersetzlich! Zecken sind zum Beispiel eine wichtige Nahrungsquelle von Vögeln und Kleinsäugern und halten als Parasit Populationen in Schach!
Doch wenn eine Art einmal ausgelöscht wurde, ist dies irreparabel. Das Artensterben und der Schwund wilder Natur hat ein rasantes Tempo angenommen.
Dazu las ich diesen wirklich guten Artikel und ich möchte hierzu ergänzend eine interessante Begegnung mit einem alten Aborigine, von meiner Rucksacktour 1997 durch Australien, erwähnen.
Wir unterhielten uns über die Unterschiede von Naturvölkern und der industrialisierten Zivilisation sowie der Art wie wir die Natur, Naturvölker und die Tiere behandeln. Er sagte damals etwas, dass ich niemals vergessen werde. Es war seine ganz persönliche Ansicht, warum wir, die sogenannte zivilisierte Welt, die Natur und unsere Erde zerstören. Seiner Meinung nach geschieht dies deshalb, weil wir bewerten!
Als Beispiel sagte er zu mir: Wir Aborigines betrachten alles linear, das bedeutet, für uns sind die Menschen, die Tiere, die Pflanzen, ja selbst die Steine alle gleich wichtig. Es gibt keine Bewertung was besser oder schlechter ist. Jedoch die meisten Menschen auf der Erde, allen voran die Industrienationen, bewerten ständig! Wir betrachten uns als das Wertvollste, dann kommen die Tiere, danach die Pflanzen und dann, um bei seinem Beispiel zu bleiben, die Steine.
Um es zu verdeutlichen nannte er ein Beispiel: Betrachtet man Elefanten und Käfer, ist sicher für die Mehrheit ein Elefant wertvoller als ein Käfer. Doch warum? Sehr oft einfach nur deshalb, weil der Elefant größer ist?! Fällt es daher vielen so viel leichter einen Käfer zu töten, ohne ein schlechtes Gewissen, als es viele Menschen bei einem großen Tier hätten?
Oder wenn wir zum Beispiel mit dem Auto fahren und überfahren versehentlich einen Vogel, so haben die Meisten ein sehr viel größeres Mitgefühl, als wenn sie eine Vielzahl an Insekten auf jeder Fahrt töten…
Doch wieso eigentlich? Beides sind fühlende Wesen und haben beide eine wichtige Rolle im Ökosystem. Auch bringen beide die gleichen Höchstleistungen. Insekten wie Vögel können teilweise riesige Strecken fliegen, die Wissenschaft weiß heute, das sie Schmerzen empfinden und auch träumen können – wie wir.
Es stellt sich die interessante Frage: Woran liegt es? Ich habe auch keine endgültige Antwort, doch seine Ansicht, dass es größtenteils daran liegt, dass wir bewerten und entscheiden wer wertvoller ist oder wer nicht und wir dies wirklich oft an die Größe koppeln, klingt für mich nachvollziehbar für die allgemeine Denkweise! Hinzu kommt natürlich der riesige Faktor, dass der Mensch diejenigen Tiere höher bewertet, mit denen er Geld verdient und somit sind in diesem Denksystem die Wildtiere „nutzloser“, sie haben damit weniger Wert und es fällt vielen leichter sie „weg haben zu wollen“!
Hat der Aborigine mir damals unbeabsichtigt eines der großen Geheimnisse mitgeteilt, die es uns ermöglichen könnte, mit unserer Natur und allen Mitgeschöpfen respektvoll zu leben, indem wir jedes Lebewesen, ob Pflanze, Tier oder Mensch, gleich viel Bedeutung und Respekt zuteil werden lassen? Würden wir nicht sehr viel empathischer mit all unseren Mitgeschöpfen umgehen, wenn wir endlich aufhörten in einer Rangfolge zu bewerten, wer wertvoller ist?! Das hieße im weiteren Sinne auch, nicht nur mehr Respekt vor den Wildtieren zu haben, sondern auch davor, wenn ein Tier, oder eine Pflanze für unser Essen sein Leben lässt, dieses Wert zu schätzen und dafür zu sorgen, dass sie nicht unnötig dafür leiden…
Für mich, die sich seit Mitte der 90 Jahre mit dem Thema Artenschutz befasst, lässt sich nichts voneinander trennen. So wie wir mit den Wildtieren umgehen, ist es wie ein Spiegel. Es zeigt, wie wir ebenso mit allen anderen Bereichen umgehen, ob es indigene Völker sind, die Tiere, die Natur…
Ich habe trotz allem die Hoffnung, dass die Menschen die Kurve kriegen, denn die Aufmerksamkeit auf solche Artikel wären noch vor wenigen Jahren ziemlich unbeachtet geblieben. Unser Bewusstsein hat sich sensibilisiert und eigentlich ist es gar nicht so schwer etwas zum Positiven zu verändern: Es müsste nur jeder für sich selbst den Willen haben, seinen Teil dazu beisteuern zu wollen, egal wie klein und unbedeutend es scheinen mag! Wenn beispielsweise jeder Bundesbürger am Tag nur ein Insekt aus einem Wasserbehälter vor dem Ertrinken rettet, wären es über 80 Millionen am Tag und den Einzelnen kostet das keine Mühe, doch in der Gesamtheit hätte es eine große Wirkung…
Update – Berner Konvention zum Schutz des Wolfes
Meine Hoffnung von 2018 hat sich hinsichtlich der Entwicklung den Schutzstatus des Wolfes herabzusetzen, verringert. Man sollte meinen, das mit zunehmenden Erkenntnissen auch der Grad an Zunahme für eine Akzeptanz für Wildtiere, ökologisch wertvolle Lebensräume und dem Willen dies zu schützen, zunehmen sollten! Doch leider weit gefehlt. Noch in 2018 hätte ich nicht für möglich gehalten, dass Politiker ernsthaft in Richtung einer erneuter Ausrottung von Wölfen tendieren und sogar ganz öffentlich die Form der Aufweichung der Berner Konvention zum Schutz der Wölfe fordern, indem sie den Schutzstatus herabsetzen wollen!
Nicht nur v.d.Leyen, Lemke und Söder, der dies versucht hat mit den geschützten Ottern, was Lemke und v.Leyen bei den Wölfen anstreben – durch erleichterte Abschüsse von streng geschützten Arten, steckt für mich zweierlei dahinter. Bei v.d.Leyen ist es einerseits ihr persönlicher Krieg gegen die Wölfe, weil sie durch ihren Fehler ihr altes Pony durch einen Wolfsangriff verloren hat. Ihr Hintergrund aus einer Jägerfamilie zu stammen, dürfte da wohl auch einen Teil beitragen. Doch ihr Pony auf eine ungeschützte Weide im Wolfsgebiet zu stellen und dann dem Wolf die Schuld zu geben, disqualifizieren sie als neutrale und kompetente Politikerin zum Thema Wolf.
Dem Wolf die Schuld für ihren mangelnden Weideschutz zu geben, ist ein typisches Verhalten von Menschen, die in der Vergangenheit stecken geblieben sind und die nicht das Wissen und das Verständnis für die Bedeutung von Wölfen für ein gesundes Ökosystem haben. Doch wenn sie nicht bereit sind, einen Weg der Koexistenz zwischen Mensch und Wolf zu finden, sollten sie ihre politische Position sofort verlassen. Und es ist dramatisch, dass nicht umgehend EU-Politiker aufspringen und sie in ihre Schranken weisen.
Daher vermute ich noch einen zweiten Grund, der auch auf Söder und Lemke zutreffen könnte: Indem man den Lobbyverbänden von Jägern, Landwirten, Schäfern, Fischteichbesitzern,… nach dem Mund redet und ihren, dem Artenschutz wiedersprechenden Forderungen nachgibt, erhofft man sich viele Wähler, die einen zum Sieg verhelfen!
Beide Gründe zeigen eine Moral und Ethik, die für mich nichts bei Personen zu suchen haben, die in politischer Verantwortung stehen und dem Artenschutz durch ihre persönliche Gründe, große irreparable Schäden zufügen können.
In Anbetracht des dramatischen Artensterbens von circa 2 Millionen Arten auf der Erde (von denen wir wissen!) bleibt wirklich keine Zeit für sinnloses Gestreite und persönliche Feldzüge gegen bestimmte Tier- und Pflanzenarten! Artenschutz geht uns alle an, denn ohne die Vielfalt auf unserer Erde, bei der JEDES Lebewesen, einschließlich der Pflanzen, eine einzigartige und nicht ersetzbare Rolle spielt, wird auch die Menschheit nicht überleben!
Ein letzter Punkt noch, der Mensch hat mittlerweile 95 % der Fläche auf der Erde unter seine Kontrolle gebracht, wo überwiegend die domestizierten Tiere leben, die uns wirtschaftlich nützen und daher für viele mehr Wert haben als Wildtiere. Für sie bleibt gerade einmal 5 % der restlichen Fläche. Da sollte es doch wohl mehr als nachdenklich stimmen, dass wir endlich anfangen müssen den Lebensraum mit ihnen zu teilen und eine Koexistenz zu ermöglichen – für unser aller Überleben!
Denn Artenschutz ist auch Eigennutz – ohne Biodiversität von Tieren und Pflanzen, wird auch die Menschheit verschwinden. Für die Erde wahrscheinlich nicht so schlimm, aber vielleicht kriegen wir es ja doch noch hin sich wie ein guter Gast zu benehmen, der gerne bleiben darf!
Den Kopf in den Sand zu stecken, kommt für mich trotz alledem nicht in Frage! Jede noch so kleine Unternehmung und Bemühung unsere Erde zu schützen, ist ein wichtiger und richtiger Schritt! Und viele kleine Schritte führen insgesamt auf einen großen Weg!
Abschließend empfehle ich noch diese sehenswerten Dokus: